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Trauma and Recovery

Trauma and Recovery

The Aftermath of Violence - From Domestic Abuse to Political Terror
von Judith Lewis Herman 1997 304 Seiten
4.39
14k+ Bewertungen
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Wichtige Erkenntnisse

1. Psychologisches Trauma zerschmettert grundlegende Annahmen über Sicherheit und menschliche Verbindung

Traumatische Ereignisse zerstören die tragenden Bindungen zwischen Individuum und Gemeinschaft.

Die Natur des Traumas. Psychologisches Trauma entsteht aus Ereignissen, die die Bewältigungsfähigkeit einer Person überfordern und intensive Angst, Hilflosigkeit und Entsetzen hervorrufen. Solche Ereignisse verletzen grundlegende Annahmen darüber, dass die Welt sicher ist und Menschen vertrauenswürdig sind. Häufige Quellen von Trauma sind:

  • Kampferfahrungen
  • Sexuelle Übergriffe und Missbrauch
  • Häusliche Gewalt
  • Missbrauch und Vernachlässigung in der Kindheit
  • Naturkatastrophen
  • Unfälle und Verletzungen
  • Gewaltzeugenschaft

Trauma reißt das Gefühl der Verbindung zu anderen Menschen und das Vertrauen in deren Verlässlichkeit auseinander. Dieser Verlust des grundlegenden Vertrauens hat tiefgreifende Auswirkungen auf Beziehungen und das Selbstbild.

2. PTSD-Symptome beinhalten Intrusion, Einschränkung und Hyperarousal

Traumatische Symptome neigen dazu, sich von ihrer Quelle zu lösen und ein Eigenleben zu entwickeln.

Kernsymptome von PTSD. Die posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) umfasst drei Hauptsymptomgruppen:

  1. Intrusion: Das Wiedererleben des Traumas durch Flashbacks, Albträume und aufdringliche Gedanken
  2. Einschränkung: Emotionale Taubheit, Vermeidung von Traumaerinnerungen, das Gefühl der Entfremdung von anderen
  3. Hyperarousal: Ständige Wachsamkeit, leicht erschreckbar, gereizt, Schlafstörungen

Diese Symptome spiegeln den Versuch von Körper und Geist wider, überwältigende Erfahrungen zu bewältigen, stören jedoch letztlich das normale Leben. Die traumatisierte Person schwankt zwischen dem Wiedererleben des Traumas und emotionalem Rückzug.

3. Langanhaltendes Trauma in Gefangenschaft führt zu komplexer PTSD

Die Methoden, die es einem Menschen ermöglichen, einen anderen zu versklaven, sind bemerkenswert konsistent.

Auswirkungen von chronischem Trauma. Langanhaltendes, wiederholtes Trauma, insbesondere unter Bedingungen der Gefangenschaft, führt zu umfassenderen psychologischen Schäden als einmalige Vorfälle. Diese "komplexe PTSD" umfasst:

  • Veränderungen in der emotionalen Regulierung
  • Veränderungen im Bewusstsein und in der Identität
  • Verzerrte Wahrnehmungen des Täters
  • Verlust von Glauben und Sinn
  • Tiefgreifende Beziehungsprobleme

Situationen chronischen Traumas und der Gefangenschaft sind:

  • Häusliche Gewalt
  • Missbrauch in der Kindheit
  • Geiselnahmesituationen
  • Konzentrationslager
  • Menschenhandel

Die Methoden zur Etablierung von Dominanz sind in diesen Kontexten ähnlich und beinhalten:

  • Terror und Hilflosigkeit
  • Isolation von anderen
  • Strikte Kontrolle über den Körper und das Verhalten des Opfers
  • Intermittierende Belohnungen zur Schaffung emotionaler Abhängigkeit

4. Kindesmissbrauch hat verheerende langfristige Auswirkungen auf die Entwicklung

Wiederholtes Trauma im Erwachsenenleben erodiert die bereits gebildete Struktur der Persönlichkeit, während wiederholtes Trauma in der Kindheit die Persönlichkeit formt und deformiert.

Entwicklungsimpacts von Kindheitstrauma. Missbrauch und Vernachlässigung in der Kindheit stören die normale Entwicklung in mehreren Bereichen:

  • Bindung und Fähigkeit, vertrauensvolle Beziehungen zu bilden
  • Fähigkeiten zur emotionalen Regulierung
  • Selbstbild und Identitätsbildung
  • Kognitive Fähigkeiten und Lernen
  • Physische Gesundheit und Stressreaktionssysteme

Diese Entwicklungsstörungen haben lebenslange Konsequenzen und erhöhen das Risiko für:

  • Psychische Gesundheitsprobleme wie Depressionen, Angstzustände und Persönlichkeitsstörungen
  • Substanzmissbrauch
  • Chronische Gesundheitszustände
  • Wiederopferung in missbräuchlichen Beziehungen
  • Schwierigkeiten im Beruf und in Beziehungen

Frühe Intervention und Unterstützung können helfen, diese Auswirkungen zu mildern, aber unbehandeltes Kindheitstrauma führt oft zu intergenerationalen Missbrauchszirkeln.

5. Genesung erfolgt in Phasen: Sicherheit, Erinnerung/Trauer und Wiederverbindung

Genesung entfaltet sich in drei Phasen. Die zentrale Aufgabe der ersten Phase ist die Schaffung von Sicherheit. Die zentrale Aufgabe der zweiten Phase ist Erinnerung und Trauer. Die zentrale Aufgabe der dritten Phase ist die Wiederverbindung mit dem normalen Leben.

Phasen der Traumaheilung. Die Heilung von Trauma ist kein linearer Prozess, umfasst jedoch im Allgemeinen drei Hauptphasen:

  1. Sicherheit und Stabilisierung

    • Physische Sicherheit gewährleisten
    • Emotionale Regulierung erlernen
    • Vertrauensvolle therapeutische Beziehung aufbauen
  2. Erinnerung und Trauer

    • Verarbeitung traumatischer Erinnerungen
    • Trauern um Verluste
    • Sinnfindung in den Erfahrungen
  3. Wiederverbindung und Integration

    • Leben und Identität zurückgewinnen
    • Gesunde Beziehungen entwickeln
    • Sich an sinnvollen Aktivitäten beteiligen

Diese Phasen sind nicht starr, und Menschen können zwischen ihnen hin und her wechseln. Das Tempo und der Fokus der Behandlung sollten auf die Bedürfnisse und die Bereitschaft des Einzelnen abgestimmt werden.

6. Sicherheit und Stabilität zu schaffen, ist die entscheidende erste Phase der Genesung

Überlebende fühlen sich in ihren Körpern unsicher. Ihre Emotionen und ihr Denken scheinen außer Kontrolle zu sein. Sie fühlen sich auch in Bezug auf andere Menschen unsicher.

Sicherheit schaffen. Die Grundlage für Heilung ist die Schaffung von echter Sicherheit und Stabilität in der Gegenwart. Dies umfasst:

  • Gewährleistung physischer Sicherheit vor fortdauerndem Missbrauch oder Gefahr
  • Lernen, überwältigende Emotionen und körperliche Empfindungen zu bewältigen
  • Entwicklung von Selbstfürsorge- und Bewältigungsfähigkeiten
  • Aufbau sozialer Unterstützung und sicherer Beziehungen
  • Umgang mit selbstschädigendem Verhalten oder Sucht

Spezifische Techniken können umfassen:

  • Erdungs- und Entspannungsübungen
  • Psychoedukation über Trauma-Reaktionen
  • Sicherheitsplanung
  • Medikation zur Symptomkontrolle, falls erforderlich

Nur wenn ein grundlegendes Gefühl von Sicherheit und emotionaler Stabilität erreicht ist, kann die tiefere Trauma-Verarbeitung beginnen.

7. Die Verarbeitung traumatischer Erinnerungen erfordert sorgfältige Zeitplanung und Unterstützung

Die Rekonstruktion der Trauma-Geschichte beginnt mit einer Überprüfung des Lebens des Patienten vor dem Trauma und der Umstände, die zu dem Ereignis führten.

Traumaverarbeitung. Die Auseinandersetzung mit traumatischen Erinnerungen ist ein sensibler Prozess, der nicht überstürzt werden sollte. Wenn die Zeit reif ist, umfasst er:

  • Allmähliche Rekonstruktion einer kohärenten Erzählung dessen, was passiert ist
  • Verbindung fragmentierter Sinneseindrücke und Emotionen
  • Erkundung der persönlichen Bedeutung der Ereignisse
  • Trauer um Verluste
  • Infragestellung verzerrter Überzeugungen über sich selbst und andere

Diese Arbeit erfordert eine starke therapeutische Beziehung und sollte sorgfältig dosiert werden, um eine Überwältigung der Person zu vermeiden. Verschiedene Techniken können eingesetzt werden, wie:

  • Expositionstherapie
  • Kognitive Verarbeitung
  • EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing)
  • Ausdrucksbasierte Kunsttherapien

Das Ziel ist die Integration traumatischer Erfahrungen, nicht die Katharsis oder das Wiedererleben um seiner selbst willen.

8. Die Wiederverbindung mit anderen und die Rückeroberung des eigenen Lebens ist die letzte Phase der Heilung

In der dritten Phase der Genesung hat der Überlebende ein gewisses Maß an angemessenem Vertrauen zurückgewonnen. Sie kann wieder Vertrauen in andere empfinden, wenn dieses Vertrauen gerechtfertigt ist, kann ihr Vertrauen zurückhalten, wenn es nicht gerechtfertigt ist, und sie weiß, wie sie zwischen diesen beiden Situationen unterscheiden kann.

Leben zurückgewinnen. Die letzte Phase der Genesung umfasst:

  • Entwicklung eines neuen Selbst- und Identitätsgefühls jenseits des "Trauma-Überlebenden"
  • Engagement in sinnvoller Arbeit, Beziehungen und Aktivitäten
  • Übernahme neuer Herausforderungen und Entwicklung von Kompetenz
  • Versöhnung traumatischer Erfahrungen mit der eigenen Lebensgeschichte

Diese Phase dreht sich um das Gedeihen, nicht nur um das Überleben. Sie kann Folgendes umfassen:

  • Karriereentwicklung oder Bildung
  • Vertiefung intimer Beziehungen
  • Elternschaft
  • Kreative Betätigungen
  • Soziale oder politische Aktivität

Das Ziel ist es, ein Leben zu schaffen, das sinnvoll und erfüllend ist, während vergangene Erfahrungen integriert werden.

9. Gruppentherapie kann für Traumaüberlebende besonders kraftvoll sein

Traumatische Ereignisse zerstören die tragenden Bindungen zwischen Individuum und Gemeinschaft. Die Solidarität einer Gruppe bietet den stärksten Schutz gegen Terror und Verzweiflung und das stärkste Gegenmittel zu traumatischen Erfahrungen.

Vorteile der Gruppentherapie. Gruppentherapie bietet einzigartige Heilungsmöglichkeiten für Traumaüberlebende:

  • Reduziert Isolation und Scham
  • Bietet Peer-Unterstützung und Verständnis
  • Ermöglicht das Üben gesunder Beziehungen
  • Erlaubt Geben sowie Empfangen von Hilfe
  • Fordert verzerrte Überzeugungen durch Realitätstests mit Gleichgesinnten heraus

Verschiedene Arten von Gruppen können in unterschiedlichen Phasen der Genesung hilfreich sein:

  • Psychoedukative Gruppen zur frühen Stabilisierung
  • Trauma-verarbeitende Gruppen zur Auseinandersetzung mit Erinnerungen
  • Interpersonelle Gruppen für Beziehungskompetenzen
  • Aktivitätsbasierte Gruppen (z. B. Kunst, Yoga) für verkörperte Heilung

Gruppen sollten sorgfältig strukturiert und geleitet werden, um Sicherheit zu gewährleisten und eine Retraumatisierung zu verhindern.

10. Soziale und politische Bewegungen sind notwendig, um Trauma zu verhindern

Die Studie des psychologischen Traumas hat eine "unterirdische" Geschichte. Wie traumatisierte Menschen sind wir von dem Wissen über unsere Vergangenheit abgeschnitten worden.

Über individuelle Heilung hinaus. Eine wirkliche Auseinandersetzung mit Trauma erfordert soziale und politische Maßnahmen, um:

  • Gewalt und Missbrauch zu verhindern
  • Kulturen herauszufordern, die Trauma ermöglichen
  • Täter zur Verantwortung zu ziehen
  • Ressourcen für Heilung und Gerechtigkeit bereitzustellen

Beispiele für notwendige Veränderungen sind:

  • Reformen zur Reduzierung sexueller Übergriffe und häuslicher Gewalt
  • Verbesserte Kinderschutzrichtlinien
  • Trauma-informierte Praktiken in Schulen, im Gesundheitswesen und in der Strafjustiz
  • Bekämpfung von Armut und systemischer Unterdrückung
  • Militarismus herauszufordern und Kriege zu verhindern

Im Laufe der Geschichte waren Fortschritte im Verständnis von Trauma mit sozialen Bewegungen wie Feminismus, Veteranenaktivismus und Menschenrechtsadvokatur verbunden. Fortgesetzter Fortschritt hängt von anhaltendem politischem Engagement ab, um eine gerechtere und friedlichere Welt zu schaffen.

Zuletzt aktualisiert:

Rezensionen

4.39 von 5
Durchschnitt von 14k+ Bewertungen von Goodreads und Amazon.

Trauma und Heilung wird weithin als bahnbrechendes, umfassendes Werk über psychologisches Trauma gepriesen. Die Leser schätzen Hermans feministische Perspektive, ihren zugänglichen Schreibstil und die gründliche Auseinandersetzung mit verschiedenen Traumaquellen. Das Buch gilt als unverzichtbare Lektüre für Fachleute im Bereich der psychischen Gesundheit sowie für Überlebende. Während einige bestimmte Aspekte als veraltet empfinden, betrachten viele es dennoch als hochgradig relevant und wirkungsvoll. Besonders wertgeschätzt werden Hermans Einsichten über die politische Natur von Trauma, die Phasen der Heilung und die Bedeutung von Gemeinschaftsunterstützung im Heilungsprozess.

Über den Autor

Judith Lewis Herman ist eine renommierte Psychiaterin, Forscherin und Autorin, die sich auf traumatischen Stress und Inzest spezialisiert hat. Ihre Arbeit hat maßgeblich dazu beigetragen, die Auswirkungen von Trauma zu verstehen und zu behandeln. Hermans bahnbrechende Forschung führte zur Anerkennung von komplexer posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) als eigenständige Erkrankung. Sie hat an der Harvard Medical School und im Cambridge Hospital gelehrt und sich dabei auf die Schnittstelle von Trauma, Politik und feministischer Theorie konzentriert. Hermans einflussreiche Schriften haben das Feld der Traumaforschung geprägt und therapeutische Ansätze für Überlebende verschiedener Formen von Gewalt und Missbrauch informiert. Ihre Beiträge waren entscheidend für den Fortschritt sowohl in der klinischen Praxis als auch im öffentlichen Bewusstsein für traumaassoziierte Themen.

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